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Fahrtechniktipps: Vom Pedaleur zum Pedelec-Piloten

Bremsen, Gleichgewicht halten und Kurven fahren will gelernt sein - vor allem, wenn der Motor schiebt

 

Zentraler Bestandteil der Fahrtechnik ist die Vollbremsung. Wann muss 
man wie stark verzögern, um bis zur Linie zu stehen? Mit der richtigen
Haltung wirkt man auch der Masseträgheit entgegen.
Quelle/Source www.pd-f.de / Kay Tkatzik]

Wie für jeden anderen Radler auch, gelten für Pedelec-Fahrer die Regeln der Physik und der Straßenverkehrsordnung. Wer diese beachtet und nutzt, wird mit dem Pedelec im wahrsten Sinne des Wortes viel Freude erfahren. Der pressedienst-fahrrad gibt ein paar grundlegende Fahrtechnik-Tipps fürs Radeln mit Rückenwind.

Der Einstieg
Wie bei allen technischen Geräten steht auch vor der Inbetriebnahme eines Pedelecs ein genaues Studium der Betriebsanleitung. Klingt banal, ist aber wichtig: „Wenn zu dem neuen Fahrgefühl noch die Suche nach einer bestimmten Funktion im Bedienelement hinzu kommt, lenkt das die Aufmerksamkeit zu stark vom Verkehrsgeschehen“, verdeutlicht Kurt Schär, Geschäftsführer des Schweizer Pedelec-Pioniers Flyer (www.flyer.ch). Hat man den Aufbau von Bedienelement und Display verstanden, steht einer ersten Probefahrt nichts mehr im Wege.
Im Fahrbetrieb verhält sich das Pedelec ähnlich dem klassischen Velo gleicher Radgattung. Wer ein Pedelec bis 25 km/h Motorunterstützung benutzt, bleibt in der Regel im bekannten Geschwindigkeitsbereich. Lediglich die Unterschiede in der Beschleunigung, der Durchschnittsgeschwindigkeit und dem Gesamtgewicht des Velos sind merklich spürbar, was sich etwa im ungewohnten Bremsverhalten bemerkbar machen kann.

Darüber hinaus bedeutet Pedelec („Pedal Electric Cycle“) übersetzt: Pedalgetriebenes elektrisches Fahrrad. Darin ist die grundsätzliche Funktionsweise schon enthalten: Nur wer tritt, spürt den Schub. Somit wird die Geschwindigkeit wie auch beim klassischen Fahrrad über die aufgebrachte Tretkraft gesteuert, diese wird lediglich durch Elektronik und Motor verstärkt. An diesen Schubeffekt gewöhnt man sich schnell, am besten beginnt man mit den niedrigen Unterstützungsstufen in einem verkehrsberuhigten Umfeld. „Die Unterschiede zwischen verschiedenen Herstellern, Modellen und Einstellungen können sehr frappierend sein“, erklärt Anke Namendorf vom niederländischen Hersteller Koga (www.koga.com).
 

Vorausschauendes Fahren

Vorausschauendes Fahren ist das A und O bei der Teilnahme im  Straßenverkehr. Und gerade der Pedelec-Fahrer tut gut daran, Situationen schnell einzuschätzen, um möglichst adäquat reagieren zu können. Denn andere Verkehrsteilnehmer assoziieren mit dem Anblick eines Alltagsradlers keine hohen Geschwindigkeiten. Das fällt etwa in Vorfahrtsituationen ins Gewicht – ein wartepflichtiger Autofahrer, der sich vor einem normal schnellen Radfahrer noch ganz gut einfädeln könnte, verschätzt sich beim E-Biker möglicherweise. „Für andere Verkehrsteilnehmer mitzudenken – ein Job, den Radfahrer ohnehin dauernd übernehmen –  ist auch dem Pedelec-Piloten angeraten, vor allem wenn er ein schnelles Pedelec jenseits der 30 Stundenkilometer bewegt“, gibt Tobias Spindler vom Radhersteller riese und müller (www.r-m.de) zu bedenken, die auch ein schnelles Pedelec im Programm haben. 
Übersetzt man diesen Sachverhalt in Fahrtechnik, so ergibt sich folgende Grundregel: Die Blickrichtung entscheidet, wohin wir fahren und lässt uns Fahrsituationen mehr oder minder einschätzen. „Wer den Kopf vom Vorderrad löst und voraus schaut, fährt sicherer“, betont Jan Zander, Betreiber der Mountainbike-Schule Trailtech (www.trailtech.de). Für eine Kurvenfahrt bedeutet das: „Kopf und damit Oberkörper aktiv in die Kurvenrichtung drehen und frühzeitig aus der Kurve hinaus schauen. So meistert man übrigens auch enge Kurven“, so der Fahrtechnik-Profi.



Richtig bremsen

Höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten und das Mehrgewicht von Motor und Antrieb verlangen eine stetige Bremsbereitschaft und eine saubere Technik bei einer Vollbremsung. „Letzteres sollte mehrmals ‘trocken’ geübt werden“, empfiehlt Gerhard Ziegler vom Hersteller Winora (www.winora.de). Um ein Gefühl für das Bremsverhalten des Zweirads zu bekommen, hilft zunächst ein bewusstes Blockieren des Hinterrads. „Nur wer weiß, wie sich ein ausbrechendes Hinterrad anfühlt, lernt es zu beherrschen. Bricht das Hinterrad zu stark aus, einfach kurz die Bremse lösen und das Rad zieht wieder in seine gewohnte Bahn“, so Ziegler.
Einen möglichst kurzen Bremsweg erreicht man aber erst durch den Einsatz von Vorderrad- und Hinterradbremse. Im Vorfeld muss sich der Fahrer im Klaren darüber sein, welcher Hebel welche Bremse betätigt! Die größte Verzögerungskraft baut übrigens die Vorderradbremse auf, bei falscher Dosierung wirft sie einen aber auch aus dem Sattel. Ein blockierendes Vorderrad ist also tunlichst zu vermeiden. Hier gilt es, sich an die optimale Dosierung durch mehrfaches Üben heranzutasten. Im Idealfall baut man mit der Vorderradbremse dann 2/3 der gesamten Bremskraft auf. „Doch nicht nur die Armkraft, auch der Untergrund entscheidet über das Verhalten des Vorderrads. Auf glatten Untergründen wie Schnee oder Schotter sollte die Vorderradbremse behutsamer eingesetzt werden“, gibt Jan Zander zu bedenken.
Die ideale Körperhaltung bei einer Vollbremsung beschreibt Zander wie folgt: „Man verlässt den Sattel und bringt den Körperschwerpunkt etwas hinter den Sattel. Arme und Beine sind dabei fast gestreckt und stützen sich gegen Pedal und Lenker. Die Arme nie komplett durchstrecken, so hat man weiterhin Spielraum für kleinere Lenkbewegungen.“ Übrigens: Gebremst wird jeweils mit zwei Fingern an den Bremsen. Moderne starke Scheibenbremsen erlauben auch einen Finger.

 
Gleichgewicht schulen
Langsame Fahrten gehören auch für E-Biker zur Tagesordnung im Straßenverkehr und werden nicht selten zur Wackelpartie. Spurtreues Fahren bei langsamen Geschwindigkeiten lässt sich aber üben, etwa auf einem leicht abschüssigen Weg auf dem man seine Geschwindigkeit  immer weiter verringert. Droht man zu kippen, stabilisiert ein gefühlvoller Tritt ins E-Pedal und das Spiel beginnt von vorn. „Wer hier aus dem Sattel geht und den Körperschwerpunkt leicht in Richtung Vorbau bringt, ist klar im Vorteil“, erläutert Technik-Coach Zander. Denn nur durch permanente Ausgleichsbewegungen des Vorderrads halten wir bei Geschwindigkeiten unter 21 km/h das Gleichgewicht auf dem Fahrrad. Je mehr Gewicht also auf dem Vorderrad ruht, desto ruhiger wird auch die Fahrt. Den sichersten Stand hat man übrigens bei waagerechter Pedalstellung. „Gehört das neue Pedelec zur Radgattung der zweirädrigen Liegeräder, braucht es schon ein wenig mehr Übung, um ein Gefühl fürs Gleichgewicht bei langsamer Fahrt zu bekommen. Ganz einfach gestaltet sich die langsame Fahrt beim Liegedreirad. Dieser Radtyp ist bei hohem und niedrigem Tempo absolut kippstabil“, erklärt Paul Hollants von HP Velotechnik (www.hpvelotechnik.com). Das macht diese Gattung übrigens gerade bei hoher Zuladung zum sichersten Reiserad.



Bordsteinkanten meistern
Wer Handgelenk- und Vorderrad-schonend kleinere Hindernisse überwinden will, dem rät Zander das bewusste Entlasten des Vorderrades. Einmal verinnerlicht, hilft diese Technik die häufigsten Tücken des Radalltags wie Bordsteinkanten und Schlaglöcher zu überwinden.
Der Bewegungsablauf ist leicht beschrieben, bedarf aber einer gewissen Übung: Eine niedrige Bordsteinkante oder ein Stöckchen auf dem Übungsplatz gilt es mit dem Vorderrad zu überwinden. Dafür fährt man unbedingt im Stehen und mit waagerechter Kurbelstellung auf das Hindernis zu. Arme und Beine sind leicht angewinkelt. Kurz vor der Kante beugt man die Arme stark ein, bringt den Oberkörper in Richtung Lenker („Liegestützposition“), um dann impulsartig das Körpergewicht nach hinten oben zu verlagern. Die Arme sind nun gestreckt, das Vorderrad wird entlastet und setzt behutsam hinter dem Hindernis auf. „Bei Pedelecs mit Vorderradnabenmotor bedarf es wohl etwas mehr Dynamik“, ergänzt Zander mit einem Augenzwinkern. Katrin Pfeuffer vom Fahrrad- und E-Bikehersteller Hercules (www.hercules-bikes.de) empfiehlt in diesem Zusammenhang den Motor während der ersten Versuche abzuschalten. Wichtig: Reißt man zu stark am Lenker und droht nach hinten über zu kippen, reicht ein beherzter Zug am Hebel der Hinterradbremse und schon sinkt das Vorderrad zu Boden. Daher gehört nicht nur bei dieser Technik mindestens ein Finger an der Bremse. Generell gilt: Bordsteinkanten am Besten im rechten Winkel anfahren. Sollte die Technik nämlich nicht gelingen, verhindert man ein Wegrutschen. 

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